Etienne Hagenbuch: 7‘360 Kilometer ins Nati-Trainingslager

Der Schweizer Nationalspieler Etienne Hagenbuch spielt aktuell seine vierte Saison bei den Huskies in der kanadischen „U-Sports Liga“. An der Universität in Saskatoon studiert der Libero Finance und spielt Volleyball auf hohem Niveau. Der 24-Jährige über mögliche Beweggründe für eine Rückkehr, seine Ziele mit der Männer-Nati und was er an Kanada lieber mag als an der Schweiz.

Schon mit sieben Jahren hatte Etienne Hagenbuch bei den Minis des TV Lunkhofen mit dem Volleyballspielen angefangen. Im Aargau durchspielte er in den folgenden Jahren die verschiedenen Juniorenstufen bis hinauf in die Nationalliga B, wo sein damaliger Coach Tobias Bucher schon früh erkannte, dass da ein Talent auf der Liberoposition heranwächst. Schon in jungen Jahren trat er in die Talent School Aargau ein und machte 2012 den Schritt in die Nationalliga A zum TV Schönenwerd. Unter der Leitung von Bujar Dervisaj konnte sich Hagenbuch stetig weiter entwickeln und während zwei Jahren viel Neues lernen. Doch wie kam es, dass ein Spieler von Schönenwerd plötzlich bei den Huskies in Kanada landet? „Ich hatte einfach Lust, etwas Neues auszuprobieren“, lautet die simple Antwort des Aargauers. Über Kontakte und Empfehlungen wurde der damals 19-Jährige schliesslich zu den Huskies vermittelt und erhielt an der Universität Saskatoon ein Stipendium. Seitdem spielt der mittlerweile 24-Jährige in der Kanadischen Universitätssport-Liga (U-Sports), der obersten Volleyballliga des Landes.

Alles grösser, weiter und länger
In Kanada ist vieles anders im Vergleich zur Schweiz. Hagenbuch trainiert jeweils von Montag bis Donnerstag ein- bis zweimal täglich, Freitag und Samstag sind Matches und Sonntag ist Ruhetag. An den beiden Matchtagen wird zweimal gegen das gleiche Team gespielt. Kanada ist flächenmässig rund 240-mal grösser als die Schweiz, darum stehen für die Teams teilweise lange Reisen an. Die „U-Sports Liga“ ist deshalb in verschiedene Divisionen gegliedert. Saskatoon gehört der „West-Division“ an, der potentiell stärksten Division. Und obwohl die knapp 250‘000 Einwohner zählende Stadt, welche zum Territorium Saskatchewan gehört, zentral gelegen ist, gestaltet sich das Reisen an Auswärtsspiele als aufwändig. „Die längste Busfahrt betrug acht Stunden“, so Hagenbuch. „Wenn die Wege weiter sind, wie beispielsweise nach Vancouver, nehmen wir das Flugzeug.“ Aber nicht nur die Reisedistanzen sind anders als in der Schweiz. Auch die Infrastruktur weist andere Dimensionen auf. „Hier muss ich nie Angst haben, dass eine Defence die Hallendecke berührt“, lacht Etienne und schwärmt von den Sportanlagen im Land. Die Huskies teilen sich ihr Stadion mit den Basketballern. Die Halle hat eine Kapazität von 2000 Plätzen. An den Heimspielen feuern jeweils 500-600 sportbegeistere Kanadier ihr Team an. Zudem werden alle Spiele live gestreamt und die wichtigen im Nationalen Fernsehen ausgestrahlt. Vom Niveau her vergleicht der Schweizer Nationalspieler die U-Sports Liga mit dem „NLA-Mittelfeld“. Zwar habe es einige ausgezeichnete Spieler in der Liga, die im Anschluss ans Studium auch in ausländische Topligen wechseln. Die Heterogenität der Spieler innerhalb der Teams sei aber teilweise sehr gross. Persönlich konnte der mittlerweile teamälteste Huskie sein Niveau stets verbessern und sich in allen Aspekten weiterentwickeln. Sportlich lief es dem Team vor allem in den ersten beiden Jahren gut. Im ersten Jahr konnten die Huskies als Gastgeber automatisch an den „Nationals“ teilnehmen, wo die besten Teams der Divisionen gegeneinander antreten. Seit der letzten Saison haben die Huskies etwas zu kämpfen, nicht zuletzt auch deshalb, weil viele neue junge Spieler ins Team gekommen sind, denen es noch an Erfahrung fehlt. Obwohl Etienne seine Zeit in Nordamerika von A bis Z geniesst, wird sein Abenteuer in Kanada wohl bald ein Ende finden. Im Frühling wird er seinen Bachelorabschluss in Finance in der Tasche haben. Danach könnte er zwar noch eine weitere Saison (maximal fünf Saisons sind erlaubt) für die Huskies anhängen, vielleicht kehrt er aber wieder in die Schweiz zurück. Denn in Kanada vermisse er nicht nur seine Familie, welche er nur während der Sommerferien in der Schweiz sieht, sondern auch das heimische Essen und seine Freunde. „Zudem ist das Wetter hier absolut crazy, minus 40 Grad Celsius sind keine Seltenheit! Dafür sind die Leute extrem freundlich. In der Schweiz wirken alle Leute gestresst, dies ist hier total anders.“

Ehre, für die Schweiz zu spielen
Obwohl 7‘360 Kilometer zwischen Zürich und Kanada liegen, war es Etienne bis auf wenige Ausnahmen stets möglich, die Nationalmannschaftsaufgebote wahrzunehmen. Dies ist ihm wichtig, denn für den ambitionierten Volleyballer sei es eine Ehre, wenn er für die Schweiz auflaufen darf. Gleich nach dem Ende der Kanadischen Volleyballsaison steigt der 29-fache Internationale jeweils in den Flieger, direkt ins Trainingslager der Schweizer Nationalmannschaft. In der Nati fühlt sich Hagenbuch wohl. „Der Teamspirit ist ausgezeichnet, wir haben immer eine gute Zeit zusammen.“ Auch sportlich sind die Ziele klar: „Mit dem neuen Modus wollen wir es in der EM-Qualifikation möglichst weit schaffen, natürlich wäre das Erreichen einer EM-Endrunde ein absoluter Traum.“ Ein Highlight in der Karriere als Nationalspieler war die Universiade 2017 in Taipeh. Dort lag die Schweiz mit 0:2 Sätzen gegen Kanada im Hintertreffen, ehe sie den Match noch drehte. „Ich habe viele Spieler gekannt, das war ein spezielles Spiel für mich“, so Hagenbuch.

Rückkehr in die Schweizer NLA?
Im Mai wird Hagenbuch also in die Heimat zurückkehren. „Im Moment tendiere ich dazu, in der Schweiz zu bleiben“, so der 24-Jährige. „Vielleicht finde ich ja wieder in einem NLA Team Unterschlupf“, lacht er. Erste Gespräche mit diversen Klubs seien im Gange. Während seines Aufenthalts in Kanada hat Hagenbuch immer mit Interesse die Schweizer Meisterschaft verfolgt. Optimalerweise wolle der gelernte Bankkaufmann mit baldigem Bachelorabschluss in Finance den Sport mit einer Teilzeitbeschäftigung verbinden. Langfristig gesehen schliesst er einen weiteren Wechsel ins Ausland – ausserhalb von Kanada – nicht aus. „Da müsste aber alles passen, denn auf der Liberoposition ist der Konkurrenzkampf besonders hart“, ist sich Hagenbuch sicher. Seine Karriere beenden will Etienne eines Tages an seinem Ursprung beim TV Lunkhofen. Es sei schon so, dass es einen immer wieder in die Heimat zurückzieht, meint der Libero mit Flair fürs „Einsmashen“. „Lunki hat mir viel gegeben und gute Spieler ausgebildet, da möchte ich auch etwas zurückgeben.“ Dies ist aber noch Zukunftsmusik. Und für junge Schweizer Volleyballer, welche wie er früher vom Ausland träumen, hat Etienne einen Tipp: „Viel Zeit investieren, dabei aber niemals die Ausbildung vergessen. Mit Fleiss und Wille ist alles möglich!“

Kanada oder Schweiz?

  • Deutsch oder Englisch? Englisch (lacht)
    • Rocky Mountains oder Schweizer Alpen? Schweizer Alpen
    • Justin Bieber oder Bastian Baker? lacht laut – und überlegt lange: Justin Bieber…
    • Raonic oder Federer? ah Federer, auf jeden Fall!
    • Ahornsirup oder Schweizer Bienenhonig? Schweizer Bienenhonig
    • Eishockey oder Fussball? schwierig, wenn ich in der Schweiz bin Eishockey und in Kanada Fussball…
    • Saskatoon oder Oberlunkhofen? überlegt lange: Oberlunkhofen
    • Lachs oder Käsefondue? Lachs
    • Weihnachten in der Schweiz oder Kanada? In der Schweiz, auf jeden Fall!
    • Pamela Anderson oder Christa Rigozzi? Ah, muss das sein? Pamela Anderson
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