Das Nationale Trainingszentrum SVRA in Aarau aus Perspektive des nationalen Verbandes

«Es soll in diesen Gefässen das Mindset einer Leistungssportkultur aufgebaut werden, welches für die Athleten auf dem Weg zum Profi unabdingbar ist.» Nachwuchsverantwortlicher Marco Fölmli über Anforderungen, Mindset und Alltag im NTZ in Aarau und wieso sich früh zu Bett gehen lohnt.

Marco, kannst du ganz kurz den Unterschied zwischen Nationalen Nachwuchsvereinen (NNV) und Nationalen Trainingszentren (NTZ) erklären?
Marco Fölmli: Beide Gefässe befinden sich im Konzept zur Sportarten- und Athletenentwicklung (FTEM) auf der Stufe T3 und sollen Spielerinnen und Spielern den Anschluss auf nationalem Niveau ermöglichen. Die Unterschiede sind hierbei, dass sich die NNV um die weiblichen Athletinnen kümmern und von Clubs geführt werden. Es wird entweder Beachvolleyball (Basel) oder Volleyball (Aarau, Zürich) trainiert. Die NNV erhalten keine direkten finanziellen Beiträge von Swiss Volley. Die NTZ sind für die männlichen Athleten da. Sie bilden die Athleten dual (Volleyball und Beachvolleyball) aus. Die NTZ werden jährlich von Swiss Volley direkt finanziell unterstützt.
Was sind Vorteile des neuen Konzepts zur Nachwuchsförderung?
Die Athleten im NTZ trainieren und spielen alle Einheiten beim selben Coach. So ist die Verantwortlichkeit klar geregelt und die Belastungssteuerung viel einfacher zu planen. Ausserdem wurden die Fördergefässe von sieben bis neun «Talent Schools» auf zwei NTZs reduziert. Wir erwarten deshalb eine klare Steigerung der Qualität, weil dort nur die besten Spieler zusammengezogen werden. Durch die frühen Trainings haben die Athleten spätestens ab 19.00 Uhr frei. So können sie, im Unterschied zu den Clubtrainings, die teilweise bis 22.00 Uhr dauern, früh zu Bett gehen und haben genügend Regeneration. Es soll in diesen Gefässen das Mindset einer Leistungssportkultur aufgebaut werden, welches für die Athleten auf dem Weg zum Profi unabdingbar ist.
Es gibt zwei NTZ, eines davon ist in Aarau. Wieso gerade dort?
Aarau hat eine gut funktionierende Sportklasse, eine erfolgreiche Arbeit in der «Talent School» geleistet – mehr als die Hälfte des aktuellen Elite-Nationalteams wurde dort ausgebildet – und mit Bujar Dervisaj einen der besten Ausbildner in der Schweiz als Trainer. Ebenfalls für Aarau gesprochen hat das grosse Einzugsgebiet und die gute Anbindung an den ÖV.
Welche Auflagen muss ein Standort erfüllen, damit er das Label NNV oder NTZ erhält?
Ein NTZ muss 16 Stunden Training pro Woche über 44 Wochen pro Jahr anbieten können. Ausserdem müssen die Trainings vor 19.00 Uhr beendet sein. Die Qualifikation des Coaches – Swiss Olympic Nachwuchstrainer – muss ebenfalls gewährleistet werden, sowie das Angebot einer Sportschullösung.
Sind weitere Standorte geplant?
Ja, auch in der Romandie würden wir gerne einen Standort konzipieren, damit die Westschweiz abgedeckt wäre. Mit Lausanne laufen momentan Gespräche.
Wie sieht der Trainingsalltag im NTZ Aarau aus?
Die Spieler gehen in die Schule, absolvieren am Dienstag- und Donnerstagmorgen ein Krafttraining und am Mittwochmorgen eine Mentaltrainingseinheit. Dazu kommt das tägliche Balltraining von 16.00 bis 18.30 Uhr in der Halle.
Das NTZ nimmt an der 1. Liga der Gruppe teil. Was ist dabei der Hintergedanke und wie lief dies bisher?
Bisher haben die Spieler nur in ihren Clubs gespielt. Dort ist die taktische Ausbildung sehr unterschiedlich vorhanden – und teilweise inexistent. Mit dem Spielen im NTZ soll nun auch diese taktische Ausbildung vermehrt gefördert werden. Neben dem NTZ können die Spieler weiterhin in einem Team spielen, so dass ihr Stammclub auch von der Ausbildung im Nachwuchsgefäss profitieren kann.
Wie beeinflusst das Coronavirus den Trainingsbetrieb im NTZ Aarau?
Bei positiven Fällen im Umfeld fehlen immer wieder mal Spieler. Die «Volley Talents Argovia» mussten auch schon ganz pausieren, weil das komplette Team in Quarantäne musste. Für den alltäglichen Trainingsbetrieb gilt: Da die Spieler eine nationale «Talent Card» besitzen, dürfen sie im NTZ ohne Auflagen trainieren. Einzige Auflage ist dementsprechend, dass sie nur im NTZ trainieren und sonst nirgends.
Wie stellt Swiss Volley sicher, dass das Niveau in allen Nachwuchsgefässen adäquat ist?
Wir stehen permanent in engem Kontakt mit den Coaches, tauschen uns aus und beobachten die Spieler. Ausserdem sehen wir sie jährlich an den PISTE-Sichtungen und vergeben «Talent Cards» nur an diejenigen, welche wirklich Potenzial haben.
Wie lange darf ein Spieler im NTZ Aargau sein, bis er den Sprung in die NLA geschafft haben muss?
Dies hängt von seiner Entwicklung ab. Der Trainer muss beurteilen, ob der Spieler noch Fortschritte machen kann oder sich nicht so weiterentwickeln kann, um das NLA-Niveau zu erreichen.
Das NTZ in Aarau ist nun seit einiger Zeit in Betrieb. Kannst du bereits erste Erkenntnisse ziehen, was gut läuft und wo es noch Verbesserungspotential hat?
Da wir mit den NTZ im Sommer 2020 gestartet sind, gibt es noch einige Optimierungsmöglichkeiten bei den Spielern. Es besuchen beispielsweise noch nicht alle die Schule in Aarau, weil es nicht für alle möglich war oder Sinn gemacht hat, ihre bestehende Schullösung zu verlegen. Für die Neueintritte 2021 wird es das voraussichtlich nicht mehr geben. In Einzelfällen müssen wir aber immer die Gesamtsituation des Athleten anschauen.

 

Vorheriger Beitrag
Abbruch der Regionalmeisterschaft, des Aargauer Cups und der Easy-League bei SVRA
Nächster Beitrag
Frohe Festtage und ein guter Start ins neue Jahr!